Der Kreditversicherer Euler Hermes hat am 5.5.2014 den neuen „Economic Outlook No. 1205-1206“ für März und April 2014 veröffentlicht.

Alles in allem erwartet Euler Hermes ein Wachstum des weltweiten BIP um 2,9%, wobei die Industrieländer an Fahrt aufnehmen sollen und so ein Wachstum von 2% erreichen können, während die Schwellenländer trotz einiger gemäßigten Wachstumsaussichten (Bsp.: Russland +0,7%; Brasilien +2,0%) weiterhin die hauptsächlichen Antreiber des weltweiten Wachstums sind.

Die seit 2011 anhaltende Verlangsamung der weltweiten Wirtschaft hat vor allem in den Industrieländern dazu geführt, dass hier ein teils enormer Druck auf die Preise ausgeübt wurde. Die Inflation lies stark nach, vor allem in den USA, Großbritannien und der Eurozone.

Anders stellt sich das Bild in den Schwellenländern dar. Diese müssen versuchen, die negativen Folgen der quantitativen Lockerungen der Zentralbank abzufedern. Der Erfolg dieses Versuchs, so der Kreditversicherer, hängt maßgeblich von den vorhandenen finanziellen Reserven ab. Chile, mit einer soliden makroökonomischen Politik, konnte einen Kapitalabfluss verhindern und die Wechselkurse weitgehend stabil halten. Länder wie Indien und Brasilien mussten ihre betriebswirtschaftlichen Instrumente nutzen, um einen Kapitalabfluss zu verhindern. Dies geschah beispielsweise durch eine kontinuierliche Anhebung des Leitzinses.

Weiterhin macht der Kreditversicherer deutlich, dass, mehr als zu Beginn angenommen, geopolitische Umstände Einflüsse eine große Rolle spielen. So wirken sich die Konflikte in Syrien, Ägypten, Thailand, der Türkei und Venezuela negativ auf die Wirtschaft der jeweiligen Länder aus. Der Krimkonflikt hat nun auch Europa wieder auf die Risikokarte befördert. Dieser Konflikt führt dazu, dass das erwartete russische Wirtschaftswachstum auf 0,7% gesunken ist.

Euler Hermes hat nun eine Liste mit den 10 Schwellenländern erstellt, die in absehbarer Zeit anfällig auf die quantitativen Lockerungen der Zentralbank reagieren können. Dieser Liste gehören Argentinien, Indonesien, Türkei, Brasilien, Süd-Afrika, Indien, Chile, Kolumbien, die Philippinen und Mexiko an. Allerdings sind nach Ansicht von Euler Hermes nicht alle Länder gleich gefährdet, sodass die „Guten 4“ Chile, Mexiko, Kolumbien und die Philippinen am wenigsten gefährdet sind. Ihnen traut der Kre-ditversicherer zu, dass sie einen Kapitalabfluss kontrollieren können, ohne den Leitzins anheben zu müssen, sowie dass sie schnell wieder Vertrauen gewinnen können. Weiterhin war der negative Einfluss auf diese Länder begrenzt, zudem profitieren diese Länder von makroökonomischen Strukturen (Chile), einer anerkannten Stellung der Behörden (Chile), wirtschaftsfördernden Maßnahmen (Mexiko) oder geringen öffentlichen und ausländischen Schulden (die Philippinen). Die „Gefährdeten 5“ (Indien, Indonesien, Brasilien, Südafrika und die Türkei) weisen eine höhere Anfälligkeit auf. In all diesen Ländern stehen in diesem Jahr Wahlen an, sodass hier die Ungewissheit hoch ist. Zum anderen kämpfen sie mit einem Leistungsbilanzdefizit, einer Inflation und gemischten Voraussetzungen für Unternehmen.

Einzig Argentinien weist, nach Ansicht des Kreditversicherers, eine schlechte mak-roökonomische Situation auf, die durch die mit den anstehenden Wahlen verbundene Unsicherheit nicht verbessert wird. Weiterhin hat das Land mit vielen selbst produzierten Problemen zu kämpfen, sodass das Land als stark anfällig eingeschätzt wird.

 

Zu den einzelnen Ländern äußert sich der Kreditversicherer wie folgt:

Die Ukraine ist geprägt von der Krimkrise, die dazu führt, dass der Kreditversicherer mit einem Rückgang des BIP um -3% rechnet. Weiterhin soll auch das russische BIP-Wachstum von anfangs voraussichtlichen 2,6% nun nur noch um 0,7% zunehmen, wobei hier auch mit teils enormen Kapitalabflüssen gerechnet wird. Ebenso wird auch Europa mit Konsequenzen, in Form von erschwerten Handelsströmen, ansteigenden Energiepreisen oder verschlechterten Zahlungsbedingungen, rechnen müssen.

In der Türkei erwartet der Kreditversicherer ein BIP-Wachstum von 3% in diesem, und 4% im kommenden Jahr. Die Ausfallrisiken werden wahrscheinlich ansteigen, was auf dem nachlassenden Wachstum und auf der schwachen Währung beruht.

In Brasilien zeigen die drei Großveranstaltungen nicht den gewünschten positiven Effekt auf die Wirtschaft. Das Wachstum wird in diesem Jahr auf 2% und im nächsten Jahr auf 2,5% geschätzt, was auf den strukturellen Schwächen basiert. Hier sind tief greifende strukturelle Reformen notwendig, sodass auch das Leistungsbilanzdefizit (3,6% des BIP) abnehmen kann.

In Indien nahm das BIP in den letzten Jahren nur um 5% zu, obwohl es potenziell um 7% hätte wachsen können. Dies liegt unter anderem an der hohen Inflation, der schlechten inländischen Nachfrage und den nachlassenden Investitionen, die auf erschwerten finanziellen Rahmenbedingungen beruhen.

In Frankreich wurde das anfängliche Ziel, das Defizitziel auf -3% des BIP zu senken, verpasst. Euler Hermes geht nun aufgrund der politischen Maßnahmen davon aus, dass dieses nur auf -3,9% in diesem und auf -3,3% im kommenden Jahr sinken wird. Das wird zu einigen Spannungen mit Deutschland und der Europäischen Kommission führen. Allerdings muss Frankreich, nach Ansicht des Kreditversicherers, sein Geschäftsmodell überdenken.

In den USA rechnet der Kreditversicherer mit einem BIP-Wachstum im Jahr 2014 von lediglich 2,8%. Die Wirtschaft bemerkt heute noch den langen und verschneiten Winter, der sich auf den Einzelhandelsumsatz, den Verkauf von Autos und Produktion ausgewirkt hat. Trotzdem wächst das Vertrauen in die Wirtschaft langsam wieder, ebenso wie das Einkommen der Bevölkerung.

Alles in allem steigt das weltweite Vertrauen weiter an, sobald man die negativen Schlagzeilen aus China und der Ukraine ausblendet. Die Stimmung auf den Finanz-märkten steigt weiter an, während die Aversion gegen weltweite Risiken sinkt.

Lesen Sie hier den gesamten Economic Outlook