Der Kreditversicherer Delcredere hat in seinem aktuellen Newsletter vom 21. März 2013 die politische und wirtschaftliche Situation analysiert. Danach stellen sich beide Lagen als kritisch da.

Das erste Jahr der dritten Amtszeit von Wladimir Putin war von Protesten der Opposition sowie Spannungen innerhalb der Führungsseite und mit seinem Partner Dimitri Medwedew geprägt. Die Verabschiedung neuer Gesetze um die Organisationsstruktur der Opposition einzugrenzen, führte landesweit zu vielen Protestaktionen. Obwohl Putin Ende 2012 eine Kampagne gegen Korruption initiierte, sank sein Ansehen in der Bevölkerung weiter. Dies kann darauf basieren, dass trotz einiger Entlassungen die engsten Mitarbeiter Putins verschont wurden, und die Kampagne so keinen durchgreifenden Erfolg zeigte.

Nach 18 Verhandlungsjahren wurde Russland im Dezember 2011 in die World Trade Organisation (WTO) aufgenommen. Daraus resultieren stufenweise Zollabsenkungen von 10% auf 8%. Zudem kann der Beitritt als Druckmittel für eine Verbesserung des Geschäftsumfelds verwendet werden. Allerdings tritt bei den Handelssektoren die den Regeln der WTO unterliegen eine geringere Wettbewerbsfähigkeit ein, was zu einem hohen Konkurrenzkampf führen wird.

Als großes politisches Problem stellt sich die Lage im Nordkaukasus dar, wo Repressionen der Machthaber durch die russische Politik zu einer Rechtslosigkeit der Gesellschaft führte. Dies führte zu einer Radikalisierung der verarmten muslimischen Jugend. Mordanschläge, gewaltsame Übergriffe und Mordversuche haben zu einer bürgerkriegsähnlichen Situation geführt. In naher Zukunft erwartet Delcredere noch weitere Repressionen, um die bevorstehenden Olympischen Spiele in Sotschi zu sichern. Folglich steigt die Gefahr einer Eskalation.

Auch wirtschaftlich steht Russland vor einigen Problemen. Die russische Wirtschaft wächst dauerhaft unter ihrem Potenzial. Dies ist auch auf den demografischen Wandel zurückzuführen. Eine niedrige Lebenserwartung und Geburtenrate, sowie eine hohe Sterblichkeit und ein hoher Alkohol- und Drogenkonsum führen zu einem Mangel an Arbeitskräften. Dieser Arbeitskräftemangel ist vor allem im Finanz-, Kommunikations- und Energiesektor besonders ausgeprägt. Zudem wandern zunehmend Fachkräfte ab. Immer strenger werdende Einwanderungsgesetze führen dazu, dass dieser Mangel nur schwer kompensiert werden kann.
Nachdem die russische Wirtschaft 2009 um 7,8% geschrumpft war, pendelt sich ihr Wachstum seit 2010 bei ungefähr 4% ein. Dieser Wert wird auch für 2013 erwartet. Obwohl die Wirtschaft an Dynamik verloren hat, stieg die Inflationsrate auf 7,3%. Die aufgeführten Probleme könnten zu weiteren Inflationsschüben führen. Allerdings könnte durch die neue Chefin der Zentralbank, Elvira Nabiullina, ein Wechsel in der Geldpolitik eintreten. Da sie eng mit Putin zusammenarbeitet, könnte ein Wechsel von der Inflationssteuerung, hin zur Zinssenkung bevorstehen.

Als weiteres Problem stellt sich die große Abhängigkeit Russlands vom Energiesektor da. Eine Stagnation des Ölpreises führt zu einem geringeren Wirtschaftswachstum, als eigentlich möglich wäre. Zudem hindert er das Land, sich langfristig weiter zu entwickeln. Zwar überschüttet der Energiesektor Russland mit Geld, wodurch es sehr liquide ist, der Wechselkurs des Rubels führt allerdings zu einer Steigerung der Löhne, die so eigentlich nicht gerechtfertigt wäre. Dadurch sinkt die Wettbewerbsfähigkeit. Der Missbrauch im Energiesektor und die hohe Abhängigkeit von diesem, führen dazu, dass das eingenommene Geld dazu verwendet wird, ineffiziente Wachstumsstrukturen, und ein undurchsichtiges politisches System aufrechtzuerhalten, anstatt Neuerungen herbeizuführen.

Alles in allem kommt Delcredere zu dem Ergebnis, dass das kurzfristige politische Risiko als gering, das Geschäftsrisiko jedoch als hoch einzustufen ist.

 

Lesen Sie hier die gesamte Länderstudie Russland: http://mm1.nl/768/Actions/Newsletter.aspx?messageid=331&customerid=15502&password=enc_3034374141374646_enc#overview